News
Abenteuer Eisschwimmen: (Nicht) nur für Verrückte!
Dass mein Mann Stefan recht „schwimm-verrückt“ ist, ist vielen klar, daher hier einmal das Thema Eisschwimmen aus der Perspektive einer „normalen Schwimmerin“.
Im letzten Winter begann Stefan mit dem Eisschwimmen und startete bei den 2. Ice Swimming German Open in Burghausen. Bis zu der Anreise dorthin fand ich diese neuen Schwimm-Aktivitäten von Stefan eher befremdlich. Vor Ort angekommen begeisterte mich dort jedoch schnell die Atmosphäre dieser internationalen, aber sehr familiären Veranstaltung. Gleichzeitig ließ ich aber sehr viele Nerven dort, weil ich ja gar nicht nachvollziehen konnte, wie es ist, im Eiswasser zu schwimmen. Natürlich kann Stefan locker 1000m schwimmen, aber wie reagiert der Körper bei unter 5 Grad?
Also beschloss ich, auch einfach zu versuchen, den Sommer im See zu verlängern und wollte schauen, ob ich mich so an das kalte Wasser herantasten konnte. Ein Strich durch die Rechnung machte mir unser Swimtrek-Urlaub im „warmen Wasser“ vor der Küste Kroatiens, denn danach, ab Mitte Oktober, war der Großensee plötzlich recht kalt, der Rückgang der Temperatur ging mir zu schnell, von „Gewöhnung“ gar nicht zu sprechen. Trotzdem ging es seitdem jedes Wochenende 2x in den See. Am Ende hatte er als tiefste Temperatur dann 4,7° Grad und ich hielt es bis zu 10 - 15 Minuten aus, aber jedes einzelne Eintauchen kostete immer wieder erneut Überwindung.
Meine große Hoffnung, noch ein paar nützliche Tipps zu erhalten, war die Teilnahme an einem Schwimm-Camp Wochenende am Wettkampfort im Wöhrsee im November. Dort berichtete auch Schwimmlegende und Ärmelkanal-Schwimmer Christoph Wandratsch von seinen Anfängen im Kaltwasser. Leider gab es am Ende kein Universal-Rezept für das Schwimmen und die Gewöhnung: „Man muss einfach ins Wasser gehen“, noch für ein besseres und schnelleres Aufwärmen hinterher: Warm Anziehen und der Körper sollte sich möglichst langsam und von selbst (auch durch Zittern) wieder erwärmen. Wie lange das dauert, ist bei jedem unterschiedlich.
Vom 7.-8. Januar 2017 fanden die 3. Ice Swimming German Open und am Tag davor sogar die Weltmeisterschaften über 1000m in Burghausen statt. Als ziemlich gruselig empfand ich die Bedingungen und Temperaturen vor Ort: Der See war komplett vereist (bis auf die 8 Wettkampbahnen, die mit Pumpen eisfrei gehalten wurden), es lag Schnee, in der Nacht von Freitag auf Samstag herrschten -19°Grad Celsius Lufttemperatur, Samstag tagsüber -12° und sonst einstellige negative Temperaturen.
Das Wasser im See war bis auf 2 / 2,5° Grad abgekühlt.
Im ersten Wettbewerb, einer 4x 25m „Fun-Staffel“ (das ist ja eine Mini-Strecke – ein Klacks also) sollte noch eine Fuchs-Wollmütze (wir waren zusammen mit Markus und Stefanie Reineke unter dem Namen „Polarfüchse“ angemeldet) als Staffelstab übergeben werden. Okay, Wasserballkraul also – das kann ich gut und außerdem muss dann der Kopf nicht unter Wasser, dachte ich optimistisch. Im kalten Wasser bekam ich doch einen kleinen Schock, das es sich doch noch merklich kälter anfühlte als im Großensee und schluckte auch vor Schreck viel eisiges Wasser. „Mund nicht zu weit auf“ lernte ich daraus.
Außerdem musste ich die bittere Erfahrung machen, dass Schuhe auf der anderen Seite sehr nützlich gewesen wären, bei den Minusgraden waren die Füße erstmal kalt (und blieben es auch bis zum Abend). Eine gute halbe Stunde später stand 50m Brust auf dem Programm. Nicht grad meine Disziplin, aber als Einstieg sehr gut – dachte ich. Außerdem habe ich alle möglichen (man durfte bis zu 5) Wettbewerbe gemeldet - wenn man schon mal da ist…
Hier machte ich die Erfahrung, dass man sich in der Phase vor dem Schwimmen nicht zu schnell (vor den anderen) seiner Schuhe und des schützenden Mantels entledigen sollte.
Auf das Kommando: „Take off your clothes!“ steht man sonst länger als nötig barfuß auf dem gefrorenem Boden bis alle fertig sind… Dann folgt: „Go into the water!“: Vorsichtig beim Reingehen, die Holzstufen der Leiter waren mit einer Eisschicht bedeckt und einige waren dort schon aus- und reingerutscht…
„On your marks!“ mit einer Hand an der Leiter…Startsignal
Nach einer Minute kam ich so ziemlich als letzte aus dem Wasser, war aber froh, dass ich das geschafft hatte. Sehr großen Respekt hatte ich dann vor den 100m Lagen (Rücken kann ich gar nicht und Delphin im Eiswasser ist noch anstrengender als sonst schon), habe diese aber zumindest technisch sauber in 2:04 absolviert.
Das reichte dann auch für den Samstag und ich war recht euphorisiert. Allein schon die Vorstellung vor jedem einzelnen Rennen: Nach Hells Bells von AC/DC wird wie bei einem Boxkampf einmarschiert, dein Name steht auf der riesigen LED Tafel, es wird verkündet: Team Germany: Kathrin Runge – und dann die Anfeuerungsrufe – Gänsehaut pur!
Am Sonntagmorgen über 50m Kraul habe ich das „Einfach Durchballern“ (Anweisung von Stefan für die kurzen Stecken) etwas zu wörtlich genommen und voll in die Leine gehauen. Halber Nagel ab… macht nichts, wurde getapet, denn schließlich wollte ich noch die 200m Kraul schwimmen. 44 Sekunden Vollgas reichten für den 4. Platz in der AK und haben mir am meisten Spaß gemacht!
Etwas schwerer fiel mir, mir die 200m einzuteilen. Hier musste ich feststellen, dass der
Körper einfach sehr viel träger ist, als im normalwarmen Wasser und das man gedanklich immer schon weiter vorn ist. Alles fühlt sich sehr langsam an und es ist seltsam, dass man mit zunehmender Zeit nicht wie sonst wärmer wird, sondern immer kälter, trotz größerer Anstrengung. Die 200m haben mir daher völlig gereicht. Schließlich kam ich als 4.meiner AK nach 3:35 an - für mich und für das Eiswasser okay – man kann sich ja noch verbessern!
Die Organisation vor Ort war wieder super und dank eines Wärmezeltes, einer mobilen Sauna, 2 „Hot Tubs“ mit heißem Wasser wurde ich dann auch relativ schnell wieder warm.
Stefan hat übrigens wieder einmal einen rausgehauen, seine Leistung über 1000m über 1 ½ Minuten verbessert, ist mit einer Zeit von 14:18 Vizeweltmeister in seiner Altersklasse und 10. insgesamt bei den Weltmeisterschaften geworden!
Und dann hat er eigentlich bei fast jedem Wettbewerb bei den German Open (da hat er auch noch alles mitgemacht hat, nach dem Motto „wenn man schon mal da ist“, einen Pokal für einen 2. oder 3. Platz in der AK erschwommen. Über 500m ist er sogar ins Superfinale gekommen, war dann unter den TOP Schwimmern mit 6:48 nochmal 3 Sekunden schneller und hat insgesamt den 4. Platz belegt.
Aber ich war auch rundum zufrieden mit meiner Leistung und vor allem damit, dass ich das überhaupt gewagt und mitgemacht habe! Es war wirklich megaaufregend und hat sehr viel Spaß gemacht!
Also, lasst Euch anstecken! Wer kommt nächstes Jahr mit nach Burghausen?