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Alsterquerung 2020
Brackiges Wasser umgibt mich und der baldige Sonnenaufgang ist zwischen den trüben Wolken nur zu erahnen. Es ist nicht mal 6 Uhr in der Früh. Normalerweise schlafe ich um diese Zeit noch tief und fest in meinem warmen Bett, snooze weltmeisterlich, bis ich es in die Senkrechte schaffe. Heute ist alles anders. Heute ist Donnerstag, der 20. August 2020, und ich habe mich vor Kurzem, ohne lang nachzudenken, in eine Excel-Liste eingetragen, um die Alsterquerung mitzumachen. Schwimmend wohlgemerkt.
Mooooment werden jetzt vielleicht einige sagen: Die Alster hat doch 56 km – wie soll das gehen?
Gut aufgepasst. Heute geht es „lediglich“ um den Abschnitt von Winterhude bis in die Innenstadt zum Jungfernstieg, quasi eine gerade Linie direkt neben der berühmten Laufstrecke an der Alster. Schwimmend sind es „nur” knapp 3,3 km. Klingt doch machbar, oder? Oder auch ein bisschen verrückt, ich gebe es zu. Aber was macht man nicht alles, um fleißig Kilometer für die #triabolosvsdextro-Challenge zu sammeln.
Neben – aber vor allem eigentlich vor mir – sind noch 17 andere Triabolos sowie drei auf dem Stand Up Paddle. Trotz angenehmer Wassertemperatur von 22°/23° tragen wir Schwimmer Neos, um uns vor Algen zu schützen und bunte Badekappen sowie neonfarbene Schwimmbojen, um für Ruderer und andere Frühwassersportler gut sichtbar zu sein. Und natürlich fallen wir auch den Joggern und der ein oder anderen Entenfamilie auf. Es ist schon fast romantisch.
Alle paar Hundert Meter halten wir an und lassen die schnellen Schwimmer zu den schnelleren und schnellsten aufholen. Die Stand Up Paddler helfen bei der Orientierung nach links und rechts und lassen uns genügend Abstand zum Ufer und der Ruderstrecke einhalten.
Ich merke, dass ich dieses Jahr sehr wenig Freiwasserzeit hatte und tue mich schwer, mit der Gruppe mitzuhalten. Aber umdrehen wäre jetzt auch blöd. Denn wir sind inzwischen näher an der Kennedybrücke als der Krugkoppelbrücke. Das Ziel ist also nicht mehr weit und irgendwie will ich es auch schaffen. Die Gruppe motiviert unheimlich, ohne überhaupt groß etwas zu erzählen. Gemeinsam einen Kraularmzug nach dem anderen zu machen, zu wissen, dass da vor und neben mir etwas Neongrünes und etwas Neonpinkes schwimmt und ich – zwar langsam, aber immerhin – voran komme, gibt mir Zuversicht.
An der Fontäne, die ab späten Vormittag in der Binnenalster sprüht, jetzt aber um kurz nach 7 Uhr noch aus ist, halten wir noch ein letztes Mal an und versuchen alle auf ein Corona-konformes Gruppenbild zu bekommen. Ohne Fotos glaubt uns ja keiner, dass wir das wirklich gemacht haben.
Anders als beim Triathlon wenn am Schwimmausstieg eine Rampe bereit steht und Helfer einem die Hand reichen um schnell aus dem Wasser zu kommen, müssen wir mit eigener Kraft aus dem Wasser steigen. „Welche Kraft?”, frage ich mich. Die habe ich doch gerade auf den knapp 3,3 km in der Alster gelassen. Unterhalb des Café Alex müssen wir uns also an einem Ponton hochziehen – die Ersten helfen den nächsten und die, die noch im Wasser sind, schieben von unten nach. Beherzt packt jeder mit an und am Ende stehen 18 Gestalten in dunklen Neoprenanzügen und bunten Badekappen am Jungfernstieg. Inzwischen ist es kurz nach 7:30 Uhr – der Berufsverkehr ist in die Gänge gekommen und die Uhrzeit heißt auch für die meisten von uns, dass es jetzt aber hurtig nach Hause gehen muss. Nicht jeder schafft noch den Kaffee danach und steigt zum Teil noch im Neo bekleidet aufs Fahrrad. Wir verteilen uns in alle Himmelsrichtungen mit Grinsen im Gesicht und Schwimmbrillen-Abdrücken um die Augen.
Übrigens: Rechnet man alle an diesem Morgen geschwommenen Kilometer zusammen, hätten wir tatsächlich die gesamte Alster durchqueren können.