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Von der „Stadt mit H“ in die „Stadt mit K“ – zur OD nach Köln
Ein Bericht von Yvonne
Aus meiner Liebe zu meiner langjährigen Wahlheimat Köln mache ich ja keinen Hehl. Wer mich beim Training trifft hat diese Schallplatte sicher schon gehört. Als mein Saison-Abschluss-Highlight 2024 hatte ich deshalb schon im Winter 2023 den Köln-Triathlon ausgerufen. Die Vorfreude wuchs seit dem Frühling mit jedem Monat. Um Bestzeiten ging es mir in meinem zweiten Triathlon-Jahr noch nicht so sehr, sondern um Sicherheit, um Vertrauen in mich und das Material und um Rhythmus.
Beim Hamburg Wasser purzelte dann doch ein „PB“ heraus (mittlerweile weiß ich auch, dass das nichts mit Paderborn zu tun hat). Vermutlich hat mich da einfach das geniale Wetter getragen und der Triabolos-Startblock mit den Rookies. Schneller als gedacht, nach einer Sprintdistanz und einem Helfereinsatz beim Elbe-Triathlon, rückte dann der 8. September näher. Die erste Herausforderung bestand an dem Wochenende darin, meine Begleitung bei Laune zu halten, denn Ingo rollt gerne mit den Augen, wenn das Wort Köln fällt. Beim Check-In am Samstag schallte uns am Tanzbrunnen auf der schäl Sick bereits „Leev marie“ und „Nie mehr Fastelovend“ entgegen. Ich traute mich in der langen Anmeldeschlange kaum zur Seite zu schauen und versuchte kleine und größere Ausbrüche („Wieso hat Köln eigentlich nur scheiß Musik!?“) lässig zu überhören oder mich dringend auf die Tri-Messe und die Toilette zu verabschieden. Der Grund für die Beschallung: Parallel zur Abholung der Startunterlagen wurde „Jeck im Sunnesching“ gefeiert – die sommerliche Karnevalsveranstaltung der Kölnerinnen und Kölner.
Um am Wettkampf-Morgen eine Geh-Strecke von gut zwei Kilometern zum Schwimmeinstieg zu vermeiden, richtete ich, wie viele andere, meine Wechselzone schon am Samstag ein. Da noch Regen vorhergesagt war, kam alles in eine verschlossene Drybag – der erste Wechsel würde also etwas anders ablaufen als sonst. Dank guter WZ-Orga der Helfer:innen machte ich mir aber wenig Sorgen und entschied mich dagegen, die Tasche auch noch am Rad zu befestigen.
Am Morgen ratterte mich die Straßenbahn dann zur Severinsbrücke. Der Schwimmstart war, zugegeben, etwas schmucklos. Doch auch hier gilt die Devise: So lang man von dort den Dom sehen kann, ist das einem echten Kölner egal. Etwas Klopapier auf den Dixies und weniger Glasscherben wären trotzdem ganz schön gewesen. Ohne Schnittwunde und vor Aufregung ganz elektrisiert schritt ich in Startgruppe „Pink“ durch ein aufgeblasenes Haifischmaul, dann in Einer-Reihe ein paar Stufen herunter zum Ponton. Beim Zuschauen kurz zuvor hatten Ingo und ich eine Art Ideallinie ausgeguckt, die mich früh aus der Masse und in die Strömung bringen könnte. Dieser Plan ging auf und nach wenigen Minuten schwamm ich quasi störungsfrei. Den Schub durchs Wasser nahm ich allerdings nicht so richtig wahr, sondern kämpfte ungeduldig mit der ein oder anderen Welle. Das grünlich schimmernde Rhein-Wasser schlucken empfiehlt sich sicher nicht. Unter wie vielen Brücken muss ich nochmal durchschwimmen? Drei? Wieso eigentlich drei? Plötzlich fuchtelte ein Kanufahrer mit Paddel vor mir herum. Fast hätte ich den Ausstieg übersehen, kämpfte mich in einem Strudel mit großer Kraft zur ersten helfenden Hand, die mir gleich den Neo-Reißverschluss aufmachte. Ich torkelte an Land. Eine durchdringende bekannte Stimme, die lauthals „Yvoooonnne“ rief, riss mich aus meiner Trance – meine ehemalige WDR-Kollegin Dagmar hatte sich überraschend zum Anfeuern an den Schwimmausstieg gestellt. Kurz danach eine weitere durchdringende und vertraute Stimme. Ingo dankend abklatschen scheiterte an meinen Neo-Ärmeln, in denen ich wie in einer Zwangsjacke gefangen war. Kein Wunder, dass meine Schwimm-Ausstiegs-Fotos immer zu wünschen übriglassen. Das wird eines meiner Saison-Ziele 2025.
Vom hektischen und jähen Ende des Schwimmens noch etwas zittrig, trödelte ich in meinem ersten Wechsel etwas vor mich hin, verlor irgendwo meine Radpumpe und war erleichtert, schließlich sicher und gleichmäßig tretend auf meinem roten Flitzer zu sitzen. Beim Überqueren der Deutzer Brücke – wieder mit bestem Dom-Blick – hatte ich Gänsehaut, und das ausnahmsweise Mal nicht, weil ich nass durch die radele (Warum tun Menschen das eigentlich freiwillig?), sondern weil es einfach so schön ist. An der Strecke hatten sich mittlerweile so einige Zuschauende versammelt – die Wolken machten immer wieder Platz für die Sonne. Rheinaufwärts und über die Severinsbrücke ging es dann auf meinen Lieblingspart der Radstrecke: Autobahn! Hier war trotz des permanenten Rad-Gegenverkehrs genug Platz zum Tempo-Machen. Innerorts boten sich am Rhein entlang dann immer wieder gute Geraden für Überholmanöver. Einige legten das Rechtsfahrgebot für meinen Geschmack nur viel zu kreativ aus. Ganz ohne Fluchen ging es bei mir also wieder nicht. Wieso sind einige Athlet:innen eigentlich so eigensinnig? Vor dem Wettkampf hatte ich mir, inspiriert durch eine Sportler-Doku in der ARD, drei Worte als kleines Mantra für den Triathlon überlegt: „Genuss, Gelassenheit, Gesundheit“ (drei Mal „G“ war schlicht Zufall). Die habe ich mir dann hin und wieder leise vorgesagt, auch wenn es mit der Gelassenheit auf der Radstrecke bei mir noch hapert. In einer etwas abenteuerlichen Spitzkehre mit Grünstreifen habe ich sogar ausgeklickt. Safety first! Die Rückkehr in die Wechselzone auf der rechten Rheinseite hatte dann ein kleines bisschen was von Tour de France. Jubelnde Zuschauer:innen säumten die Strecke, hier konnte ich mich dank teilweisem Überholverbot bedenkenlos etwas in die Kurve legen und Atmosphäre einatmen.
Aufgeputscht von diesem Gefühl startete ich in die erste von zwei Laufrunden. Hier begann dann zunächst ein Zwiegespräch mit meiner Fitness-Uhr, die immer wieder mahnend piepte und beharrlich einen Puls zwischen 188 und 190 anzeigte. Pantomimisch meldete ich das auch meinem Herzenstrainer Ingo am Streckenrand zurück, dessen unerbittlich lapidarer Kommentar lautete: „Das ist Wettkampf, Yvonne, das ist Wettkampf“. Ich wollte „Das ist Selbstmord, das ist Selbstmord“ zurückrufen, da fehlte nur etwas die Luft. In etwa bei Puls 160 kamen dann meine Vorsätze „Genuss“ und „Gesundheit“ als innere Antreiber voll zum Tragen. Mein rechtes Knie machte bis dato zwar brav mit, war aber angeschlagen. Ich konzentrierte mich immer wieder auf meinen Mittelfuß und die Technik aus dem Lauf-ABC (Danke @Marcus und @Ingo) – stellte mir vor, wo meine Sohle gerade zuerst den Boden berührt. Trotz etwas mehr Kopfarbeit als früher und veritablen O-Beinen, bleibt Laufen zurzeit noch meine Lieblingsdisziplin, weil ich da am besten „laufen lassen“ kann.
Der Weg über die Hohenzollernbrücke, den ich so oft schon als Spaziergängerin gegangen bin – vorbei an unzähligen Liebesschlössern – war absolut magisch und entschädigte für die winzigen Höhenmeter, die es auf einer Runde brückauf brückab zu bewältigen galt. Am Versorgungsstand schallt „Verdamp lang her“ aus den Boxen, Ingo schreit „Lass’ die Lutscher links liegen“ – zwei Momente, die mir nicht nur ein inneres, sondern auch ein sichtbares Grinsen entlocken. Mit dem komme ich dann auch im Ziel an und freue mich so richtig jeck auf ein (alkoholfreies) Kölsch. Hach, Kölle, du bes e Jeföhl.