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Perspektivwechsel: ein Nachmittag mit “Zwischenstopp Straße“
Ein Bericht von Hanna C.
Kennt ihr das? Ihr bekommt einen Gutschein geschenkt und der wandert erst einmal in die Schublade oder wie bei mir an die Pinnwand. Einkaufzettel, Abholbelege, Postkarten…… , irgendwann verschwinden sie aus dem Blickfeld und so pinnen noch Kinogutscheine vom alten Kino am Gänsemarkt oder ein Fleuropgutschein von 2003 an meiner Pinnwand.
Die Krönung aber war neulich beim Kelleraufräumen ein Thomas Cook Traveller Check über FIFTY Deutsche Mark! Ich bin wohl nicht gut darin.
Einen Gutschein über € 100,- , gesponsert vom Cateringservice Panem et Salis, haben Petra und ich für unsere Performance bei der ersten Triabolos-Alleycat bekommen. Die Geschichte dieses Gutscheines sollte ganz anders ausgehen.
Nach einem Gespräch mit J.K. über unsere derzeit laufenden Charity-Aktion zugunsten “Herz As“ kam mir die Idee, den Gutschein für Obdachlose in Hamburg zu spenden. Petra musste ich nicht lange überzeugen, sie war sofort dabei. Auch Florian von Panem et Salis war sofort begeistert und mit von der Partie. „Florian, ein riesiges Dankeschön, dass Du unsere Aktion so großzügig unterstützt hast!“
So stehe ich nun bei Florian in seiner Cateringküche in Bahrenfeld und werde zunächst etwas blass beim Anblick der 4 großen Styroporboxen mit 65 Litern Kartoffel-Lauch Eintopf sowie einer weiteren großen Kiste mit Suppenbechern, Löffeln und Brot. „Mist, ich hätte doch den Triabolos-Bus oder zumindest den Kombi nehmen sollen“. Mein VW Beetle erweist sich aber wieder mal als Raumwunder und nimmt die liquide Fracht problemlos auf. Ich fahre wie auf rohen Eiern durch die Stadt und schicke Stoßgebete gen Himmel, dass die 65 Liter doch bitte in ihren Behältnissen bleiben mögen.
Geschafft, neben dem Eingang zum Museum für Kunst & Gewerbe treffe ich das Team von “Zwischenstopp Straße“. Auf sie bin ich bei meiner Telefonrecherche gestoßen, Unterstützung war sofort benötigt und ich sagte zu, am 20.02. die Verpflegung zu stellen und mit auszuteilen.
Zack, Klappe auf, Tisch aufgestellt, es bleibt kaum Zeit zur Begrüßung des Teams und schon geht es los. Innerhalb kürzester Zeit bildet sich eine beachtliche Schlange. Die Abstandsdisziplin in Coronazeiten fällt der hungrigen Truppe nicht leicht, aber zum Glück ist Nikolino mit von der Partie des Teams. Kroate, 2,05 Meter groß und ein sanfter Riese von Mann. Souverän weist er die hungrige Truppe zurecht, auf russisch, polnisch, englisch, spanisch und noch vielen weiteren Sprachen mehr hat hier niemand eine Ausrede. Sollte es mal gar nicht funktionieren, schiebt er sich einfach dazwischen und geht einen resoluten Schritt rückwärts.
Die erste Stunde geht es Schlag auf Schlag, alle möchten eine Portion des leckeren Eintopf haben. Einen Tisch weiter gibt es Getränke, Kuchen, Kaffee und hygienische Alltagsartikel. Wir bekommen viel Zuspruch, die Leute sind freundlich, höflich und haben dankbare Worte für uns.
Ich komme mit Sven, Pudelmütze und dick eingemummelt ins Gespräch und frage woher er so gut spanisch spricht. „Im Knast in Südamerika“ erzählt er mir ganz unverblümt. Mehrere Jahre hätte er dort eingesessen - beim Schmuggeln aufgeflogen! Ich vergesse für einen Moment fast ihm den Becher mit der Suppe zu geben! Spanisch plaudern wir noch etwas weiter und ich habe das Gefühl, als würden wir uns bereits sehr viel länger als 2 Minuten kennen.
Steffi hingegen möchte einfach nur noch einen zweiten leeren Becher: „Toll, dann habe ich einen neuen Becher zum schnorren“.
Ein junger Afghane erzählt stolz und mutig, dass er einen Therapieplatz in Aussicht hat und ein neues Leben beginnen möchte. In seiner Heimat seien solche Hilfsangebote nicht zu finden.
In der Zwischenzeit kehren die ersten wieder zurück und fragen nach Nachschlag und das Essen macht in der Umgebung die Runde – Straßenfunk eben!
Nach zwei Stunden haben wir alle Suppe ausgegeben, die Getränke am Nebentisch sind ebenfalls alle und wir treten den Rückzug an.
Abends rolle ich mich zu Hause mit einer Tasse Tee auf dem Sofa zusammen. Das Feuer knistert im Ofen, der Hamburger Winter zieht, mit nicht mehr ganz so eiskalter Mimik um die Häuserecken und in Gedanken bin ich bei den herumstreifenden Seelen von heute. Wo sind sie wohl gerade? Haben sie einen schützenden Platz gefunden oder streifen sie ruhelos durch die Nacht?
P.S. Wenn Ihr Euch angesprochen fühlt und auch unterstützen möchtet, möchte ich auf unser “Herz As Charity Projekt“ aufmerksam machen, dass noch bis Ende Februar läuft. Wenn Ihr kein PayPal habt, schreibt mich gern an, wir finden einen Weg die Zahlung zu transferieren. Wenn Ihr anderweitig helfen und Euch einsetzen möchtet, sprecht mich gern an, ich habe noch viele weiter Ideen.